Mit Empathie zum Erfolg
Mitgefühl darf in der Führungsarbeit nicht unterschätzt werden
Einst wurde sie bestenfalls als esoterische Spinnerei abgekanzelt – die Fähigkeit, sich sowohl gedanklich als vor allem auch emotional in andere Menschen hineinzuversetzen. Dabei gehört die sogenannte Empathie bei näherer Betrachtung zu den wohl bedeutendsten Führungswerkzeugen der Gegenwart auch in Unternehmen.
Entsprungen dem altgriechischen «empatheia» (Einfühlung) beschreibt Empathie etwas, was nicht nur dem Menschen, sondern in vielerlei Hinsicht sogar dem empfindsamen (Haus-)Tier gegeben ist: Das «Mitgefühl». Während ein Hund oder eine Katze sich darauf beschränken muss, sich stimmungsmässig an ihre Besitzer anzupassen, vermag der Mensch darüber hinaus, sein Gegenüber nicht nur gefühlsmässig, sondern auch gedanklich und damit in dessen Ganzheit zu erfassen. Oder es auch gänzlich zu unterlassen, falls es so gewünscht ist.
Vorsicht vor falschem Mitgefühl
Es wäre jedoch gänzlich verkehrt, «Mitgefühl» als das «Mitfühlen» zum Beispiel der Frustration eines Mitarbeiters im Unternehmen misszuverstehen. Vielmehr gilt es, im praktischen Führungsalltag, diesen Mitarbeiter und die Ursache seiner womöglich schlechten Befindlichkeit in seiner Ganzheit «zu verstehen». Aus diesem Verständnis heraus eröffnet sich dem Vorgesetzten dann die jeweils richtige Strategie für die konstruktive Lösung der Probleme. Denn wer mag nicht das wohltuende Gefühl, von einem anderen Menschen wirklich verstanden zu werden. Und wer wäre dann nicht viel eher auch zu einer konstruktiven Lösung im Sinne der Sache bereit.
Tägliches Training
Birgt das Anliegen des Mitarbeiters aber Konfliktpotenzial und kollidiert sein Anliegen mit der sturen und unsensiblen Unaufmerksamkeit eines bornierten Vorgesetzten, werden sich binnen kürzester Zeit beide Parteien komplett verschliessen und so einen harten Konflikt, vielleicht sogar offenen Streit austragen, der immer zulasten der unternehmerischen Sache ausgehen wird.
Es mag vielleicht noch von Interesse sein, dass die Fähigkeit der Empathie keinesfalls ein zufällig gegebenes Produkt von Herkunft oder Erziehung ist. Tatsächlich kann man sie sogar recht einfach mit täglichen Aufmerksamkeitsübungen kontinuierlich trainieren und erweitern. Immer vorausgesetzt natürlich, dass man sich für den Moment tatsächlich völlig auf sein Gegenüber einlassen will, auch und vor allem dann, wenn dessen Meinung und Sichtweise der eigenen komplett entgegensteht. Aber das nennt man dann gerne auch mal «Weisheit».
Aufschlussreiche Langzeitstudie
Vor diesem Hintergrund belegt eine 30-jährige Langzeitstudie der University of Michigan in aller Deutlichkeit, dass die empathischen Fähigkeiten der Stundenten in den vergangenen zehn Jahren rasant abgenommen haben. Doch statt nun vorschnell den gewaltträchtigen Medien den Schwarzen Peter hierfür zuzuspielen, sollte es vielmehr besorgt stimmen, was das möglicherweise in den nächsten Jahren für Auswirkungen auf die nächsten Führungsgenerationen haben mag.
Dem sollte eine erfolgsorientierte Führungskraft schon heute aktiv begegnen, indem sie sich ernsthaft für diese bedeutende Führungsqualität interessiert und diese verfeinert und weiterentwickelt. Damit kann sie Massstäbe setzen für jene, die später nachfolgen.
Denn wenn es, um mit den Worten eines Henry Ford zu enden, ein Geheimnis des Erfolges gibt, so ist es das, den Standpunkt des anderen zu verstehen und die Dinge mit seinen Augen zu sehen. Und das ist nun wirklich kein Hexenwerk.
Autor: Frank Goffin, Executive Head Coach
Publikation: KMU News 1 | 19 des Gewerbeverband Basel-Stadt